Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages (IGF-Vorhaben 19741 N).
DIE PROBLEMSTELLUNG
Die Durchführung von Bauprojekten wird für die Bauindustrie von Jahr zu Jahr anspruchsvoller. Während die Bevölkerungszahlen steigen, nimmt der Wunsch nach Individualität und Flexibilität bei Kunden stetig zu. Nicht nur Produkt- und Prozesskomplexitäten erhöhen sich dadurch für die Unternehmen der Bauindustrie, sondern auch der Kosten-, Qualitäts- und Zeitdruck zieht angesichts der globalen Entwicklungen stark an. Traditionelle Optimierungsansätze für Bauprojekte kommen bei der gleichzeitigen Erfüllung bestehender und neu hinzukommender Anforderungen jedoch zunehmend an ihre Leistungsgrenzen, um weiterhin wirtschaftlich produzieren zu können.
In diesem Kontext ist die Entwicklung eines innovativen und zukunftsfähigen Bausystems gefragt, dass es ermöglicht Bauprojekte schnell, sicher, kostengünstig, energie- und umweltfreundlich und trotzdem qualitativ hochwertig zu realisieren. Eine aussichtsreiche Möglichkeit, um den internationalen und nationalen Entwicklungen gerecht zu werden, bietet die Industrialisierung und Digitalisierung des Bauprozesses in Form eines modularen Baukonzeptes in Verbindung mit Building Information Modeling (BIM). Die Unternehmen, die in den Markt des BIM-gestützten Hausbaus eintreten möchten, werden allerdings mit hohen Anfangsinvestitionen für die Ausplanung von BIM-Modellen konfrontiert. Dies ist insbesondere für KMU vor dem Hintergrund eingeschränkter personeller sowie finanzieller Ressourcen im Vergleich zu Großunternehmen eine große Herausforderung. Damit auch diese Unternehmen zukünftig Erfolg haben können, braucht es für sie Möglichkeiten zur kostengünstigen Erstellung eines Modul-, Komponenten- und Modulbautenkatalog in BIM.
Vor diesem Hintergrund haben sich für das vorliegende Forschungsvorhaben die folgenden Leitfragen ergeben: Wie kann KMU mittels einer digitalen Anwendung die umfassende und dennoch kostengünstige Entwicklung eines Modul-, Komponenten- und Modulbautenkatalog in BIM ermöglicht werden? Und wie können in diesem Rahmen bereits frühzeitig alle an der Planung beteiligten Akteure integriert werden? Im Zuge der vollzogenen Sitzungen mit dem projektbegleitenden Ausschuss und weiterführenden Expertengesprächen haben sich darauf aufbauen zudem folgende Leitfragen ergeben: Wie kann KMU mittels einer digitalen Anwendung sowohl in unternehmensinterner als auch -externer Anwendung der Aufbau von Kompetenzen im Bereich BIM und Modularität ermöglicht werden? Und wie lassen sich auch weitere Planungstätigkeiten und -kompetenzen, ohne BIM-Unterstützung, mit der digitalen Anwendung abbilden?
DAS KONZEPT
Unter Berücksichtigung theoretischer und empirischer Untersuchungen zu den Themen Modularität, BIM, Crowdsourcing und Spielifizierung wurde darauf aufbauend ein ganzheitliches Konzept für den Einsatz von Crowdsourcing und Spielifizierung im individuellen modularen Hausbau entwickelt.
Das vorliegende Konzept sieht die kontinuierliche nachhaltige Optimierung der Planungsprozesse im Bauwesen durch die Nutzung einer digitalen Anwendung, im spezifischen einer dezidierten Crowdsourcing-Plattform für die Bauindustrie, vor. Die Ausgangsbasis stellt die Erstellung von geeigneten Aufgabenpaketen durch KMUs oder weiteren Unternehmen der Bauindustrie dar. Im nächsten Schritt erfolgt die Bearbeitung dieser Aufgabenpakete durch eine freie oder eingeschränkte Masse von Auftragnehmern, der sogenannten Crowd. Abschließend erfolgt eine Auswertung der Arbeitsergebnisse durch Bewertung und Optimierungsvorschläge durch Crowd und Auftragssteller sowie die Auswahl und im erfolgreichen Fall die Annahme eines erarbeiteten Lösungsvorschlags durch den Auftragssteller.
Auf Seiten des Auftragsstellers ergeben sich Ansatzpunkte für mögliche Aufgabenpakete wesentlich durch die akute Situation in Bezug auf vorhandene Kapazitäten und Kompetenzen. So erlaubt die Ausschreibung eines Crowdsourcingprojektes die kurzfristige Erweiterung der Kapazitäten sowie einen zeitlich begrenzten Einkauf von Kompetenzen.
Aus Sicht der Crowd müssen ebenso Anreize zur Bearbeitung der Aufgabenpakete gesetzt werden. Diese können monetärer oder sozialer Art sein, aber auch der persönlichen Weiterentwicklung oder Profilierung dienen. Hier kommt das intrinsische Motivationskonzept der Spielifizierung zum Tragen, in dem das herkömmliche monetäre Vergütungssystem angereichert werden kann und in Form von spielerischen Mechanismen wie Punkten und Levels Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten geschaffen werden. Durch die Spielifizierung kann durch Dynamiken, wie der Ansprache des Sammeltriebs durch implizite Punktesysteme oder durch die Schaffung eines Status- und Reputationssystems die Nutzermotivation nachhaltig gesteigert werden und somit zu einer häufigeren und intensiveren Nutzung der Crowdsourcingplattform führen. Durch Spielifizierung können so Leistungssteigerungen und Nutzungshäufigkeiten ohne die Schaffung eines extrinsischen Anreizes erzeugt werden. Wichtig ist hierbei anzumerken, dass sich dabei die Kombination von nicht-monetären Anreizen durch die Spielifizierung und monetären Anreizen nicht ausschließt.
Der Auftragssteller profitiert neben der genannten flexiblen Kapazitäts- und Kompetenzerweiterung auch von möglichen Kostenreduktionen, da Gehälter für festangestellte Mitarbeiter mit entsprechenden Kompetenzen entfallen können. Da bei der Entlohnung von Crowdprojekten eine Reihe von Nebenkosten entfallen, sind häufig auch die zu zahlenden Kosten pro erbrachter Leistung geringer, als bei Leistung durch festangestellte Mitarbeiter oder Beauftragung von Dienstleistern. Der Auftragsteller erhält darüber hinaus die Möglichkeit potenzielle Mitarbeiter im Zuge der Beauftragung kennen zu lernen, zu beurteilen und bei Bedarf direkt anzusprechen um diese dauerhaft zu rekrutieren. Umgekehrt bietet es arbeitssuchenden Crowdworkern die Möglichkeit sich objektiv gegenüber potenziellen Arbeitgebern zu profilieren und die eigene Sichtbarkeit zu erhöhen.
Der beschriebene Kreislauf wird mit jedem neuen Arbeitspaket ein weiteres Mal durchlaufen, wodurch sich die kontinuierliche Möglichkeit zur Optimierung von Kosten, Kapazität und Kompetenz im Rahmen des Crowdsourcingprozesses ergibt. Damit liefern Crowdsouring und Spielifizierung im Bereich des individuellen modularen Hausbaus eine holistische Herangehensweise zur Unterstützung der operationalen Exzellenz.
DER DEMONSTRATOR
Das erarbeitete Konzept wurde anschließend in einen web-basierten Softwaredemonstrator überführt. Die Anwendung für Spielifizierung und Crowdsourcing im individuellen modularen Hausbau umfasst insgesamt sieben Teilbereiche, von der Anmeldung und Registrierung der Nutzer, über das Einstellen, Verwalten, Kommentieren und Bewerten von Projekten, die dauerhafte Vernetzung zwischen Nutzern, der Selbst- und Fremdpräsentation in individuellen Profilbereichen bis hin zur Überführung von Modulen-, Komponenten- und Modulbauten in BIM in einen digitalen Katalog. Die Anwendung bildet damit das erarbeitete Konzept in einer dezidierten Crowdsouring-Plattform ab.
HABEN WIR IHR INTERESSE GEWECKT?
Zugriff auf den Abschlussbericht des Forschungsvorhabens erhalten Sie hier (Link folgt).
Auf eine online-verfügbare Testversion der Anwendung können Sie hier zugreifen. Vor der ersten Anmeldung ist eine Registrierung notwendig.
Außerdem können Sie die entwickelte Anwendung für eine eigene Implementierung auf Ihren Servern hier herunterladen.
Gerne stehen wir Ihnen für weitere Rückfragen zum Forschungsprojekt zur Verfügung. Nehmen Sie hierfür gerne Kontakt zu Pascal Mehrwald auf.